Schneeklaue

Ausgelassen springe ich auf dem riesigen Deck umher. Aus irgendeinem Grund regnet es von einem strahlenden Himmel auf mich herunter und trommelt sanft auf meine Schuppen. Um das Schiff herum toben die Wellen, beinahe so als wollen sie mit dem Wind tanzen.
Plötzlich steht mein Vater neben mir und ruft: "Wenn wir uns nicht beeilen hat der Schreckliche Schrecken die ganzen Hühner aufgefuttert."
Vertrauensvoll folge ich ihm unter Deck und laufe direkt in den dicken Wikinger hinein, der einfach nur lacht und sich einschüchternd über mich beugt. "Bin ich dir etwa zu nett?" fragt er mich mit drohendem Unterton. Erschrocken stolpere ich rückwärts, doch in diesem Moment fängt das Schiff bedrohlichen zu wanken im immer stärker wütenden Sturm. Noch bevor ich wirklich verstehe, was los ist, lande ich kopfüber in den schäumenden Wellen und versuche mich über Wasser zu halten.
Es ist, als würde mich ein schwarzer Strudel hinab ziehen und mir keine Chance lassen, mich an der Oberfläche zu halten. Da taucht der Schreckliche Schrecken auf und landet auf meinem Kopf. Anstatt mir zu helfen schwingt er sich nur wieder in den Himmel und verwandelt sich im Flug in einen mächtigen goldenen Adler.
Viel sehe ich allerdings nicht mehr von ihm, denn das schwarze Meer schlägt über mir zusammen und verschlingt mich...

Ich höre einen kurzen Schrei, bevor ich realisiere, dass er von mir stammt. Keuchend blicke ich mich um. Ich bin noch in dem Schiff, trocken unter Deck. Ich versuche mich zu beruhigen.

//Was hat es mit diesem goldenen Etwas in Adlerform zu tun? Worauf willst du hinaus?//

Schneeklaue

Mein Herzschlag beruhigt sich allmählich und meine Atmung wird langsamer. Ich drücke mich an Nebelauge. Es war nur ein Traum. Nur ein schlechter Traum.
Als Antwort auf seine Frage nicke ich, "Es war nur ein Albtraum."
Ich rolle mich eng neben meinem Vater zusammen und versuche wieder einzuschlafen. Jedoch schrecke ich bei jedem Schatten, der an der Wand entlang huscht, wieder ein wenig hoch. Mir ist klar, dass diese Schatten von dem Sturm draußen her rühren, aber ich komme trotzdem nicht zur Ruh. Ich hoffe nur, dass dieses Unwetter morgen vorbei ist und wir so schnell wie möglich weiter fliegen können. Runter von diesem Schiff, welches mir immer ungeheuerer wird.

// Mir ist eine Idee gekommen zu dieser Römer Sache. Nehmen wir mal an die Römer hatten so etwas wie eine nördliche Fraktion, nicht umbedingt riesig, aber schon vielleicht über eine kleine Insel-Gruppe erstreckt, mit einer Flotte und natürlich haben auch sie erkannt, dass Drachen gefährlich sind. Allerdings haben sie einen Weg gefunden sie für sich zu nutzen in ihrem Eroberungsfeldzug. Nicht so grausam wie Drago oder Viggo, also sie behandeln die Drachen gut, nur eben in Gefangenschaft. Die meisten Drachen, die sie haben, sind seit der Kindheit bei ihnen und deshalb kennen sie es nicht anders und sperren sich nicht gegen die Römer.
Der Kommentar von dem einem Wikinger auf dem Schiff "Ich verstehe nicht wie man einem Drachen etwas antun kann" bezieht sich demnach auf solche Stämme wie die Berserker, die Drachen bekämpfen und töten, oder die Drachenjäger, die Drachen aus ihrer Heimat reißen, verkaufen und dazu zwingen ihnen zu dienen.
Aber wenn die Römer erfahren, dass es tatsächlich noch welche der berüchtigten Nachtschatten gibt, können sie nicht widerstehen: Sie brauchen mindestens einen dieser Drachen! Am besten eben direkt ein Ei oder einen Jungdrachen, damit sie es/ihn nach ihren Vorstellungen aufziehen können und der Drache gefügig ist.//

Schneeklaue

Ich bemerke wie es plötzlich um mich herum dunkler wird und schlage meine Augen auf. Schnell beruhige ich mich wieder. Es war nur Papa, der mich nun mit seinem Flügel vor der Außenwelt abschirmt. Müde seufze ich und kuschle mich an ihn. So geborgen unter seinem Flügel klingt sogar der Donner etwas gedämpfter.
Nach kurzer Zeit bin ich eingeschlafen.

//Das mit der dunklen Vergangenheit finde ich gut. Aber die Römer könnten sich tatsächlich etwas geändert haben und nun respektvoller mit Drachen umgehen, aber immer noch darauf bedacht sein, dass sie genügend Drachen in ihren Ställen haben, um sie für ihre Zwecke zu nutzen.
Das mit dem Jungdrachen meinte ich so, dass sie diesen so aufziehen, dass dieser die Gefangenschaft kennt und sich besser damit abfindet. Wenn sie einen ausgewachsenen Drachen/Nachtschatten einfach so in ihren Ställen haben wollten, müssten sie damit rechnen, dass dieser sich nicht einfügen würde, weil er die Freiheit kennt und gegen die Römer ankämpfen wird. Das wäre halt anders wenn die Römer direkt einen frisch geschlüpften Nachtschatten haben würde, welcher sich nicht so gegen die Gefangenschaft sträubt, weil er es eben nicht anders kennen gelernt hat und so den Römern weniger Schwierigkeiten bereiten würde. Da ein frisch geschlüpfter Nachtschatten aber offensichtlich schwer zu finden ist, müssen sie sich halt mit einem Jungdrachen abfinden, den sie vielleicht noch umerziehen können...
Verstehst du was ich meine?//

Schneeklaue

Unter dem schützenden Flügel von Papa schaffe ich es tatsächlich bis zum Morgen ungestört zu schlafen, und wache so einigermaßen ausgeschlafen auf.
Nach dem ununterbrochenen Prasseln des Regens den ganzen vergangen Tag, fällt mir sofort das Fehlen dieses Geräusches auf. Flink husche unter Nebelauges Flügel hervor zu der Luke, die eine Sicht nach außen ermöglicht. Und wirklich: Das Gewitter ist vorüber und die Wolkendecke ist aufgerissen. Wir können weiter fliegen! Endlich runter von diesem doch recht merkwürdigen Schiff und seinen Bewohnern denke ich bei mir, während ich sanft meinen Vater anstoße um ihn zu wecken.

//Nein, das denke ich auch nicht. Nebelauge würde sich wohl kaum eine seiner Töchter wegnehmen lassen. Nicht mal über seine Leiche ; )//

Schneeklaue

"Ähm, ja, aber schau mal." Ich springe übermütig zwischen ihm und der Luke, durch die nun die ersten Sonnenstrahlen scheinen, hin und her. "Der Sturm hat aufgehört."
Ich schlage freudig mit den Flügeln, nicht so stark, dass sie mich abheben lassen, aber doch eine Menge Staub aufwirbeln. Dieser tanzt nun in den Strahlen der Sonne, die durch die Luke und die Ritzen im Deck fallen.
Prompt muss ich niesen.

Schneeklaue

Mein Blick fällt auf meine Schwester und ein Grinsen macht sich auf meinem Gesicht breit. Vorsichtig pirsche ich an sie heran, um dann plötzlich in hohem Bogen auf ihren Rücken zu springen.
"Aufwachen. Aufwachen." rufe ich, während ich leicht auf und ab hüpfe. Stöhnend regt sich etwas unter mir, und dem Flügel von der Seite kann ich nicht ausweichen, sodass ich auf den Boden gefegt werde.

Schneeklaue

Wie ich zuvor muss jetzt auch Silberschwinge stark niesen, und ist nun endlich auch wach. Ich muss kichern.
Seit wieder die Sonne scheint, wirkt alles hier viel freundlicher, stelle ich fest, als ich mich im Unterdeck des Schiffes umsehe. Die beiden Wikinger sind verschwunden. Alles andere steht noch so da wie gestern Abend, aber die Schatten wirken nicht mehr so tief und die Kistenstapel nicht mehr so einschüchternd. In einem Sonnenfleck liegt der Schreckliche Schrecken und genießt mit genießerisch geschlossenen Augen die Wärme.

Schneeklaue

Ich stelle mich neben meinen Vater und betrachte das Symbol vor uns an der Wand. Es sieht edel und machtvoll, aber auch bedrohlich aus. Wie eine Warnung, die ich nicht begreife. Ich habe keine Ahnung, was dieser goldene Adler mit seinen weit gestreckten Schwingen zu bedeuten hat.
Ich blicke zu Papa. Er hingegen scheint zu wissen, was dieses Symbol zu bedeutet.
"Was ist das?" , frage ich neugierig.